Unsere Gesellschaft liebt die Idee des digitalen Narzissmus. Und die Gastgeber dieser endlosen Selbstinszenierungspartys heißen Mark Zuckerberg und Zhang Yiming, die Puppenspieler hinter Meta und TikTok. Meta vermeldete kürzlich einen Umsatzanstieg von 19 % auf satte 40,29 Milliarden Dollar, und zusammen haben Meta und ByteDance im Jahr 2023 ein Geschäft von etwa 244 Milliarden Dollar gemacht – mehr als das Bruttoinlandsprodukt kleinerer europäischer Länder. Wir folgen also nicht nur, wir zahlen auch dafür.
Im Alltag – und ich gebe es zu, auch in meinen Gedanken über Investments – ertappe ich mich immer wieder dabei, nur auf die glänzenden Oberflächen zu schauen: Was kostet es? Wie ist die Zielgruppe? Welches Marketingbudget haben sie? Doch das wahre Geheimnis vieler erfolgreicher Geschäftsmodelle ist oft ein tieferes Bedürfnis, das nicht in Preislisten oder Excel-Tabellen steht. Peter Thiel sprach in seinem Buch Zero to One davon, dass wirklich große Unternehmen auf einer „geheimen Erkenntnis“ basieren – einem Wissen, das viele unterschwellig verstehen, aber nur wenige wirklich begreifen. Genau das haben die Social-Media-Moguls erkannt: Wir alle wollen gesehen werden.
Früher waren es Buffalo-Plateauschuhe und Tamagotchis, die wir unbedingt haben mussten, heute sind es Filter, Follower und „Likes“. Während der kleine Dorian Gray in uns nach jugendlicher Schönheit und Aufmerksamkeit sehnt, nehmen wir inzwischen vier, fünf oder sogar sechs Stunden Bildschirmzeit täglich in Kauf, frönen Filter-Apps und produzieren eine Lawine aus digitalen Daten. Daten, die im digitalen Ökosystem Milliarden wert sind, eine Währung, die den Tech-Riesen sprudelnde Gewinne beschert und uns süchtig macht nach dem nächsten „Like“.
Was aber lernen wir daraus, abgesehen von der perfekten Pose fürs nächste Selfie? Wer investieren will, sollte über die vordergründigen Zahlen hinaus auf das Bedürfnis achten, das ein Geschäftsmodell bedient. Der Wunsch, gesehen und anerkannt zu werden, ist eine unversiegbar sprudelnde Quelle, und Unternehmen, die uns dieses Gefühl geben, werden auch in Zukunft profitabel sein. Vielleicht sollten wir also beim Blick hinter die Kulissen des Narzissmus – und unserer eigenen Social-Media-Sucht – nicht nur kritisch hinschauen, sondern lernen, die stillen Sehnsüchte in erfolgreichen Geschäftsmodellen zu erkennen.
Denn wenn eines sicher ist, dann dass die Zukunft nicht weniger selbst inszeniert wird. Oder um es im Stil von Dorian Gray zu sagen: „Wir alle sind Pfauen, in allen Dingen, außer der Schönheit.“ Und genau das zu erkennen, ist vielleicht der erste Schritt, erfolgreicher zu investieren.